Über das Projekt
Die große Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts so der Jahresbericht 2011 „Die Große Transformation“ des wissenschaftlichen Beirates Globale Umweltfolgen (WBGU). Mit einer großen Transformation meinte der WBGU, dass die Ökonomie sich von endlichen, fossilen Brennstoffen verabschieden und auf eine nichtfossile, klimafreundliche Basis umsteigen solle. Die Treiber des bisherigen, desaströsen Vorgehens seien vorrangig wissenschaftlich-technische Lösungsansätze und die Wachstumsfixierung der Gesellschaft. Der WBGU jedoch strebte das Gegenteil an: die Beschneidung der Optionen herkömmlichen Wirtschaftswachstums zugunsten der Sicherung von Freiheitsspielräumen.
Dies erfordere die Transformation eines starken Staates, der ausbalanciert werden müsse durch die erweiterte Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger. Die Ansprüche an die Transformation sind gewaltig. Es bedarf weitreichender sozialer Innovationen für gesellschaftliche Veränderungen, neuer Ausbildungs- und Konsumentenmuster, neuer ökonomischer Modelle, neuer Werte und vor allem: der Verabschiedung von alten Technologien, Verhaltensmustern und etablierten Interessen. Dazu sind neue Lehrstühle, neue Forschungsinfrastrukturen und neue Akzeptanzkulturen notwendig.
Der organisierten Zivilgesellschaft kommt dabei als Pionier des Wandels eine tragende Rolle zu. Denn nur mit der Zivilgesellschaft können die Zukunftsentwürfe der Gesellschaft wirkungsvoll mitgestaltet werden. Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzverbände sind in der Lage, mit ihrer Expertise soziale und ökologische Fragestellungen zu verfolgen und gesellschaftlich zu vermitteln. Daher ist es sinnvoll, Akteure aus der Zivilgesellschaft in die Beratungen zu Zielen und Strategien der Agenden einzubeziehen. Eine gemeinsam erarbeitete Problemformulierung stärkt die Verbindlichkeit aller Akteure, um zur Umsetzung der Ziele beizutragen. Angestoßen durch diese Analyse des WBGU kam es zu diesem Umweltbundesamt (UBA)-Projektantrag für mehr Capacity Building in den zivilgesellschaftlichen Organisationen für die Wissenschafts- & Forschungspolitik.
Die Umweltverbände mit ihren klassischen Themen wie Atomkraft, Pestiziden oder Gentechnik haben in der Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt, um die Bedrohtheit unserer Erde ins allgemeine Bewusstsein zu rücken und damit politische Entwicklungen zur Nachhaltigkeit anzustoßen. Da zivilgesellschaftliche Organisationen hohes Vertrauen genießen, sind sie wichtige Protagonisten für einen gesellschaftlichen Wandel. Doch Umweltverbände beschäftigen sich in der Regel weder mit ökonomischen noch mit sozialen Fragen, ihr Fokus liegt auf der Ökologie. Umweltverbände zeigten bislang wenig Aktivität in Wissenschafts- und Forschungspolitik. Dabei formt die Wissenschaft unsere Zukunft, prägt Pfadabhängigkeiten und nimmt über ihre technologischen Entwicklungen großen Einfluss auf unser alltägliches Leben. Diese Erkenntnis und das Unbehagen an der technologie-zentrierten Forschungspolitik (und dem damit verbundenen Mangel an sozialen Innovationen) reiften in den letzten Jahren in einigen großen Verbänden.
In diesem Projekt sollten die Voraussetzungen sondiert werden, die eine Beteiligung der Umweltverbände an der Forschungsagenda Transformationsprozess gelingen lässt. Dazu wurde mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Verbänden, Wissenschaft und Politik auf den Tagungen und Workshops gemeinsam diskutiert und in die Zukunft gedacht. Diese Zusammentreffen dienten nicht nur dem Wissensaufbau für die Verbändevertreter sondern auch dem Ziel, eine größere Vertrautheit mit dem Wissenschaftssystem herzustellen. Die Teilnahme der Projektmitarbeiterinnen an zahlreichen Treffen im wissenschaftspolitischen Umfeld erhöhte die Sichtbarkeit des Projektes und half, die Breite der Stakeholder zu erweitern. Das Projekt entwickelte binnen zwei Jahre eine hohe Aufmerksamkeit im politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Raum. Die deliberative Einbindung der Zivilgesellschaft in die forschungspolitischen Debatten zur Nachhaltigkeitstrans-formation findet sich erstmals im Koalitionsvertrag 2013 wieder.
„Wir wollen Bürgerinnen und Bürger und die Akteure der Zivilgesellschaft konsequent in die Diskussion um Zukunftsprojekte und die Ausgestaltung von Forschungsagenden einbinden.“ (Koalitionsvertrag 2013)
Die Umsetzung dieses Ansatzes ist in der Praxis jedoch noch wenig erprobt. Die Beteiligung der organisierten Zivilgesellschaft in den Prozessen durchbricht langjährige Routinen und erfordert mehr Reflexion aller Beteiligten. Die steigende Anzahl an gemeinsamen Workshops, Tagungen und Projekten führt zu einer größeren Vertrautheit zwischen den verschiedenen Akteuren und ermöglicht mehr Verständnis untereinander. Dies könnte als Chance genutzt werden, um Forschung stärker an gesellschaftlichen Prozessen zu orientieren, Blockaden zu verhindern und somit Innovationen zu beschleunigen.
Projektinformationen
Projektzeitraum: August 2012 bis Juli 2014
Förderung: Das Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt (UBA) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.
Projektleitung: Dr. Steffi Ober
Projektreferentin: Dr. Stella Veciana
Projektmitarbeit: Hannes Bever
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