Wissenschaft und Forschung im Kontext von Entwicklung stehen vor der doppelten Herausforderung, gute Wissenschaft zu betreiben und Lösungsansätze zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen anzubieten. Zu den Leitlinien einer problemorientierten Forschung gehört der Grundsatz, die richtigen Stakeholder zu identifizieren und die richtigen Fragen zu stellen. Die Herausforderung einen transdisziplinären Prozess zu gestalten wird in vielen Projekten der Entwicklungsforschung bereits eingehend reflektiert und hervorragend gelöst – davon können wir für den nationalen Prozess des Agenda-settings und der Entwicklungsforschung noch viel lernen können.
Insbesondere aus der Schweiz liegen langjährige Erfahrungen aus Kooperationsprojekten vor, die in 11 Prinzipien und 7 Hauptfragen kondensiert und übertragbar gemacht wurden, die Dr. Bettina Wolfgramm vorstellte. In der Podiumsdiskussion sprach sich Herr Krahl, Vertreter des BMZ, dafür aus, dass man diese Grundlagen auch in der deutschen entwicklungsorientierten Forschung stärker beachten solle, da sie gut und bewährt seien.
Neben der Entwicklungspolitik gibt die Forschungspolitik der Kooperation zwischen Deutschland und Entwicklungs- und Schwellenländern einen entscheidenden Rahmen und stellt die Weichen für Forschungsmodus und -prioritäten. Anna Schwachula gab einen Überblick über eine mögliche Forschungspolitik für Entwicklung und zeigte einige Diskussionspunkte auf.
Als weiterer Diskussionsstrang zog sich die Frage durch die Veranstaltung, was wir den Ländern des Südens an Wissen anbieten können und was sie von uns überhaupt haben wollen. Was bedeutet das Recht auf Entwicklung unter den Bedingungen der Globalisierung und planetarischer Grenzen des Erdökosystems? Dr. Imme Scholz wies darauf hin, dass diese Frage sich nicht in kleinen Projekten der Entwicklungsforschung lösen lässt sondern politisch höchst brisante Fragen an die nationale Politiken mit sich bringt. Wie sehen die weiteren Politikstrategien der Bundesregierung aus, wie Hightech-Strategie und Bioökonomiestrategie? Welche Konsum- und Lebensstile werden dort verfolgt und wie kohärent sind diese mit den globalen Transformationsansätzen?
Ein Kernthema der Tagung war außerdem, wie die Entwicklungsforschung und die Entwicklungszusammenarbeit besser miteinander verzahnt werden können. Frau Dr. Linda Kleemann stellte dazu die Ergebnisse einer Studie zu den Kontaktzonen zwischen den beiden Communities vor. In den Arbeitsgruppen am Nachmittag wurden diese Themen und Ansätze vertieft: Aufgeteilt in parallelen Gruppen zu Armutsminderung und Ökonomie; zu Ernährungssicherung und Landwirtschaft; zu Ressourcen, Wasser und Biodiversität, zu Gesundheit sowie zu Klima und Energie tauschten sich Teilnehmer aus dem Umfeld von EZ und Forschung zu den jeweiligen Prioritäten, Anknüpfungsmöglichkeiten und Hindernissen einer engeren Zusammenarbeit aus.
Dr. Anna-Katharina Hornidge präsentierte zum Abschluss eine Matrix, die sich in transdisziplinäre Forschungsprojekten bewährt hat, die aber auch in den Entwicklungszusammenarbeit oder in gemeinsamen Projekten genutzt werden kann. Diese beinhaltet „Knowledge for Understanding“, „Knowledge for Doing“, „Getting the Institutional Arrangements Right“ bis zu den programminternen Anforderungen zu Teambuilding und Evaluierung. Auch hier lässt sich für den nationalen Diskurs zur Frage, wie exzellente transdisziplinäre Forschung gestaltet werden kann, noch einiges lernen.
Die an den Workshop anschließende Ausstellung „Challenge Yasuní“ warf Fragen darüber auf, was die Länder des Nordens von denen des Südens lernen können, und was die Werte des Buen Vivir’s zur einer transdisziplinären Wissenschaft beitragen können. Es wurde dazu aufgerufen, nicht nur über die Abhängigkeit vom Extraktivismus zu diskutieren, sondern alternative Handlungsoptionen auf nationaler und internationaler Ebene auch umzusetzen.
Im Online-Forum der Ausstellung, geht anhand der Leitfragen der Tagung und zum „Challenge Yasuní“ die Diskussion wie eine solche Umsetzung aussehen kann, weiter: Zu welchen Themen besteht aktuell Forschungsbedarf aus Sicht Entwicklungszusammenarbeit bzw. aus Sicht der Forschung? Wo besteht schon Austausch und was klappt gut in der Zusammenarbeit? Wo gibt es noch Hürden zu überwinden? Wie können Entwicklungszusammenarbeit-Organisationen ihren Forschungsbedarf wirkungsvoll artikulieren? Was für Austauschplattformen sind nötig? Welche Anreize stärken den Wissensaustausch zwischen verschiedenen Partnern in internationalen Forschungs- und Entwicklungskooperationen? Welche politischen oder strukturellen Rahmenbedingungen wären nötig, um das umzusetzen, welche Förderprogramme?
Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu den Leitfragen der Tagung, denn ein lebendiger Austausch ist Grundvoraussetzung um der Politik die bereits vorhandenen und möglichen Optionen aufzuzeigen, die aus einer verstärkten Kooperation zwischen Entwicklungszusammenarbeit und Forschung entspringen.
Insgesamt bot der Tag viel Stoff zum Nachdenken über das gute Leben in einer begrenzten Welt in der es gilt, einen Korridor zu finden, der ein ökologisch, ökonomisch und sozial gerechtes Leben für alle Menschen heute und in Zukunft möglich ist. In diesem Sinne macht die Einteilung der Welt in entwickelte Ländern und noch zu entwickelnde Länder keinen Sinn mehr. Wir werden diese Welt zunehmend gemeinsam in komplex verwobenen Systemen gestalten müssen, in denen uns der Klimawandel, Ressourcenknappheiten und Ernährungsanforderungen gemeinsame Lösungskompetenzen abfordern.
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ZEF AG Zusammenfassung | 147 KB
ZEF Präsentation Hornidge | 113 KB
ZEF Präsentation Kleemann | 603 KB
ZEF Präsentation Scholz | 774 KB
ZEF Präsentation Wolfgramm | 1 MB
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